Einführung

Ja, liebe Freunde – wieder mal dieses Thema. Doch dieses Mal ein etwas anderer Ansatzpunkt. Bisher haben wir festgestellt, dass bei einem Saitensatz bei durchschnittlicher Schweisszusammensetzung nach ca. 20 Stunden merkbare Klangänderungen auftreten.

Als allgemeine Regel für Hobbymusiker ist es sicher ok, wenn man den Saitensatz alle 3 Monate einmal wechselt, Vielspieler auch schon mal nach einem Monat.

Immer wieder ein Thema ist, Hand aufs Herz, ist das alles Einbildung? Entspricht die Saitenalterung nicht mehr der Vorstellung unserer Hirne und darum hören die „Empfindsamen“ es auch?

Viele haben diese Wahrnehmung ja offenbar nicht! Also, warum dieses „Theater“ um nichts? Das Nichtwahrnehmen hat damit zu tun, dass sich diese feinen Veränderungen über einen längeren Zeitraum abspielen und somit nicht als Veränderung wahrgenommen werden.

Ich habe mich letzte Woche entschlossen die Saitenalterung zu messen – und dabei bin ich auf deutliche Resultate gestossen – die auch mein Empfinden bestätigen.

Technische Vorabinfo

Du solltest folgendes verstehen:

  • dB ist die Abkürzung für Dezibel 
  • 6 Dezibel entsprechen einer Verdoppelung/Halbierung der Spannung
  • 3 Dezibel entsprechen somit einer Leistungsverdoppelung bzw. Halbierung der Leistung
  • 6 Dezibel weniger bedeutet folglich einen Viertel der Leistung

Testkonfiguration

Ich habe mit folgenden Einstellungen vor und nach einem Saitenwechsel die gleichen Riffs/Begleitungen gespielt:

 

  • Clean (schrummen mit offenen Akkorden, Balladenstil)
  • Powerchords, volles Brett
  • Funky Singlenote-Riff (clean)
  • Stark-Verzerrt gleiches Singlenote-Riff

Die alten Saiten waren mehrere Monate alt. Ich habe versucht die Soundeinstellungen nicht zu verändern, was mir leider nicht immer gelungen ist. Da alte Saiten primär die Höhenwiedergabe beeinflussen ist der maximale Ausschlag (Pegel) im Bassbereich für mich eine Art Referenz, welche die Abweichung meiner Einstellungen zeigt.

Gemessen habe ich, indem ich im Studio aufgenommen habe und darauf ein Frequenzanalysetool einsetzte, welches mir die spektrale Verteilung der einzelnen Frequenzen anzeigt – ähnlich einer Fourieranalyse. Fourieranalyse

Ich verzichte auf die genaue Angabe der Konfiguration, da dieser Test ohnehin keine wissenschaftlichen Ansprüche befriedigen kann, jedoch in der gegebenen Präzision ausreichend ist zu bestätigen, dass meine subjektiven Wahrnehmungen stimmen.

 

Resultat

Mit neuen Saiten, bei cleanem Sound sind signifikante Pegeländerungen von ca. +3dB oberhalb von 3kHz zu beobachten. Immerhin entspricht dies der doppelten Leistung der entsprechenden Frequenzen!

Bei sehr verzerrten Sounds sind diese Frequenzen unabhängig vom Saitenalter in etwa gleich ausgeprägt. Dies gilt im speziellen für die gespielten Powerchords.

Fazit

Um so verzerrter ein Sound ist, desto weniger spielt die Saitenqualität eine Rolle. Nach meiner subjektiven, aber wohl zutreffenden Empfindung bringen „frische“ Saiten jedoch bezüglich des Verhaltens der harmonischen Obertöne beim verzerrten Spiel von (vor allem) Einzelnoten sehr wohl Gewinne.

Randbemerkung

Dies unterstützt meine Ansicht, dass Gitarren immer zuerst einmal clean, also ohne Verzerrung getestet werden sollten –  gewisse Feinheiten sind sonst nicht zu hören bzw. zu unterscheiden. Verzerrung ist schliesslich ein Effekt.

 

Screenshot Clean: Zeigt deutliche Unterschiede im Bereich der höheren Frequenzen.

Spektrogramm cleaner Sound

 

Screenshot Powerchords: Praktisch keine Unterschiede, welche sich nicht gleichmässig über das gesamte Frequenzspektrum verteilen. Der allg. etwas höhere Pegel bei den alten Saiten (rechts), lässt sich auf eine „Justierungstoleranz“ zurückführen.

Spektrogramm cleaner Sound

Erstpublikation: 2008.06.10