Was der SMPV sagt

Der SMPV (Schweizerische MusikPädagogische Verband) publiziert seine Tarifempfehlungen (pro Kanton) öffentlich zugänglich unter folgendem Link: SMPV – Tarife

Falls dieser Link einmal nicht mehr zugänglich sein sollte, hier eine Kopie, die ich auf meinem Server hoste:
zv_tarife_2017

Die Essenz aus diesem Dokument ist, dass der Verband für definierte Lektionslängen (erteilt an Erwachsene) folgende Tarife empfiehlt:
Zürich, Lektion 40 min jeweils 93 CHF
Zürich, Lektion 50 min jeweils 105 CHF

Berechnung auf 45 Minuten Lektionslänge

Folglich wäre der Durchschnittstarif für 45 min / Lektion: 99 CHF, wobei es daran ankommt wie progressiv sich die Lektionen bei kürzeren Lektionszeiten pro Minute verteuern.

„Lehrerfreundlich“ oder „Schülerfreundlich“ umgerechnet, von 40  bzw. 50 min auf 45 min kommen wir auf folgende Tarife für eine Lektionslänge von 45 min:
Lehrerfreundlich: 104.60 CHF
Schülerfreundlich: 94.50 CHF

Mein Tarif rechnet sich „Schülerfreundlich“ minus eine wegfallende „Administrationsgebühr“, weil ich keine Administration beschäftige (Absenzwesen, Ferien, Rechnungswesen etc.) sondern dies selbst mache.

Anfallende Kosten zulasten des Musiklehrers

  • AHV muss selbst zu 100% gezahlt werden (Arbeitnehmer und Arbeitgeberbeitrag plus auch Kinderzulagenbeitrag)
  • 2 Säule muss selbst zu 100% bezahlt werden (nicht obligatorisch, jedoch soll dringend mindestens mit einem Äquivalent vorgesorgt werden.)
  • Freiwillige 3 Säule (sehr zu empfehlen) wird, wie bei jedem Angestellten, selbst getragen
  • Keine soziale Sicherheit bei zu wenig Arbeit (kein Arbeitslosengeld)
  • Keinen 13 Monatslohn
  • Keinen 12 Monatslohn, wenn der Lehrer 4 Wochen Ferien macht
  • Minus 1/2 bis 1 Monatslohn, weil sich die Ferien des Lehrers nicht zu 100% mit den Ferien der Schüler überdecken können.
  • Zusätzliche relativ teure Versicherungen sind notwendig: Krankentaggeldvers, Betriebsvers.
  • Bei kurzzeitiger Krankheit (z.B. bis 1 Monat, je nach Versicherung) keinen Lohn
  • Sämtliche beruflichen Risiken werden selbst getragen

Alles in allem bedeutet die oben aufgeführte Liste: Der Lehrer bezieht pro Jahr ca. 10 – 10.5 Löhne (statt 13) und hat erheblich höhere Sozialausgaben, als dies bei einem Angestellten der Fall wäre. Zusätzlich liegt das Gesamtrisiko (welches teilweise mit zusätzlichen Versicherungen abgefedert werden kann) beim Selbständigen.

Basisdaten für Lohnberechnung

  • Annahme: Lektionsanzahl von ca. 1’000 – 1’500
  • Versicherungs- und Vorsorgeleistungen in der Höhe von 2’000 CHF / Monat
  • Amortisations- / Investitions- und Mietkosten von ca. 9’000 CHF / Jahr
  • Tarif pro Lektion: Selbst einsetzen ca. 60 – 99 CHF pro Lektion (45 mins)

Persönlich gehe ich „Handgelenk x Pi“ davon aus, dass mir ca. 60 % bis 66 % meines Umsatzes noch als Lohn zur Verfügung steht, da stehe ich auf Überschlagsrechnungen jeweils gut da.

Die entsprechende Annäherungsrechnung zeigt klar, dass zu tiefe Lektionstarife mindestens ein gewisses Mass an Selbstbetrug bedürfen, also z.B. keine Vorsorge zu leisten oder im gröberen Fall Steuerhinterziehung zu begehen, bei der die Konsequenzen von der Allgemeinheit durch Anwendung eines höheren Steuersatzes getragen werden, so wohl an der Tagesordnung in Griechenland – die Konsequenzen kennen wir.

Es bleibt aber auch zu erwähnen, dass Selbständige in diesem Einkommensbereich aufgrund höherer (und mehr) möglicher Steuerabzüge weniger Steuern zahlen als Angestellte.

Die Unterschiede in den Lektionspreisen

In einem Forum habe ich eine Diskussion über den Stundentarif für Musikunterricht verfolgen können. Die Preise unterscheiden sich um teilweise mehr als Faktor zwei, bis hin zu Tarifen von 95 CHF für 40 Minuten.

Tarife unterhalb 60 CHF ermöglichen kein genügendes Auskommen, sofern Altersvorsorge und Steuern seriös entrichtet werden. Tarife welche gegen 90 CHF gehen resultieren in einem der Ausbildung entsprechenden Lohn. Zu tiefe Tarife werden auch einen Einfluss auf die verfügbare Infrastruktur haben. Musikstudenten unterrichten oft zu seinem sehr tiefen Tarif, allerdings finanzieren sich Studenten so z.B. das Musikstudium, genau so, wie ich es vor langer Zeit auch getan habe.

Meiner Meinung nach ist oft die Qualität mit dem Tarif verknüpft, denn warum schätzt ein Lehrer seine Leistung so gering ein, dass er dafür keinen anständigen Lohn verlangt und dafür später durch zu kleine Rentenleistungen darbt, bzw. u.U. sogar die Sozialwerke belastet?

Aber Achtung: Ein hoher Tarif bedeutet nicht automatisch eine bessere Qualität oder einen besseren Lehrer! Die Mehrheit der Lehrer unterrichtet nur eine relativ kleine Anzahl Schüler – z.B. 10 – 15 Lektionen pro Woche, um sich ein Grundeinkommen zu sichern. Bei dieser geringen Schüleranzahl ist es möglich den Tarif relativ hoch anzusetzen, weil eben auch nur 10 – 15 Schüler gefunden werden müssen, um das gewünschte Pensum zu erfüllen.

Der gleiche Lehrer müsste jedoch seinen Tarif deutlich senken, wenn er seine Schüleranzahl verdoppeln oder gar verdreifachen möchte, weil er nicht in der Lage wäre eine hohe Anzahl Schüler, welche bereit sind den oben erwähnten Maximaltarif zu bezahlen, zu finden. Die entsprechenden Lehrer setzen den Tarif einfach so hoch wie möglich an, auch wenn sie nicht zwingend zu den Top – Lehrern gehören, denn sie finden ja ihre 10 Schüler, welche bereit sind ihren Tarif zu bezahlen, auch wenn der Lehrer nicht zu „den Besten“ gehört.

Die Unterrichtserfahrung des Lehrers sollte „eigentlich“ eine Rolle bei der Festlegung des Tarifs haben, denn die effektive Lerneffizienz seitens Schüler, ist in grossem Masse von den Fähigkeiten des Lehrers abhängig. Falls ein Lehrer durch sein Interesse und seine Aus- und Weiterbildung Schüler z.B. 50 – 100 % schneller voranbringt, ist er (aufgrund seiner effektiven Wirkung auf die Schüler) bis zum Doppelten eines Lehrers, der einen niedrigen Tarif (60 CHF) verlangt wert, also: Bis 120 CHF. Allerdings befinden sich die höchsten Tarife unter diesem Betrag. Dies bedeutet für dich als Schüler: Findest du DEN Lehrer, der dich wirklich voranbringt, ist der Lektionspreis unter dem Strich gesehen nicht das wichtigste Argument einen Lehrer zu wählen!

Wenn du übrigens einen Lehrer, der eine grosse Zahl Schüler unterrichtet findest und die Lektionspreise relativ hoch sind, ist das ein deutlicher Indikator dafür, dass seine Schüler zufrieden sind und den Unterricht überdurchschnittlich lange besuchen.

Wie du diesen Lehrer findest, erkläre ich übrigens auch in meinem Buch: Link zum Buch

Erstpublikation 2008, Update: 2013, Update: 2019